Ev Grüger
Ev Grüger (* 10. April 1928 in Altenburg, Thüringen; † 9. November 2017)
Ev Grüger besuchte von 1942 bis 1944 die Meisterschule für Textilindustrie in Plauen im Vogtland, die 1944, wie alle Kunstschulen, geschlossen wurde. Grüger musste dann bis zum Kriegsende in einem Rüstungsbetrieb arbeiten. Anschließend studierte sie bis 1949 an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar. Sie besuchte dort die Kurse bei Otto Herbin für Malerei und Hans van Breek für Bildhauerei. Im Jahr 1951 entschloss sich Grüger, die DDR zu verlassen und nach Berlin zu gehen, um von 1951 bis 1957 ein Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin zu absolvieren, wobei sie u.a. die Kurse bei Hans Uhlmann (Drahtplastik) und bei Kurt-Hermann Kühn (Wandmalerei) belegte. Schließlich studierte sie noch neun Semester bei Karl Schmidt-Rottluff, dessen Meisterschülerin sie wurde. Bei einem ihrer Besuche in Berlin entdeckte Hanna Bekker vom Rath Textilarbeiten von Ev Grüger und „lockte“ die Künstlerin nach Hofheim, wo diese sich ab 1958 als freischaffende Künstlerin niederließ. Grüger war seit 1974 Mitglied der Darmstädter Sezession und nahm an vielen Jahresausstellungen der Künstlergruppe teil. Im hohen Alter von über 80 Jahren schloss sich Grüger der Malergruppe Nonagon an.
Grüger hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, das durch „formale Strenge“ und „akribische Malweise“ geprägt ist, die das Einzelwerk auch durch „eine ganz eigenwillige Art und Auffassung“ unverwechselbar macht. Obwohl Aktzeichnung und Porträtkunst Bestandteil ihrer künstlerischen Ausbildung war, verzichtete Grüger in ihren Werken größtenteils auf die Darstellung des Menschen, wodurch die Szenerie in ihren Werken zugleich eine objektive Gültigkeit wie eine apokalyptische Perspektive erhält. Auf diese Weise eroberten „Trauer und Einsamkeit“ das Bildgeschehen, dem „Freude“ eher selten gegenübergestellt wurden. „Bedrohlich wirkende oder bedrohte, menschenleere Landschaften“ wurden zu Grügers „Markenzeichen“. In ihren frühen Bildern setzte sich die Künstlerin „mit abstrakten Formen auseinander, die an technische Apparate erinnern“. In dieser Zeit entstanden auch „Zeichnungen, die Stillleben und Landschaften thematisieren“, diese „zeigen das detailliert komponierte Sujet losgelöst von seiner Umgebung.“
Natur, wie etwa Bäume, treten in den Bildern Grügers oft winterlich kahl, verbrannt oder in streng umhegten Schutzräumen auf. Mit Bildtitel ging Grüger sehr sparsam um, wenn solche aber Verwendung fanden, wurden sie oft zur Kritik am Raubbau der Natur genutzt: ‚Müllhalde, ‚Kahlschlag‘, ‚Randzone‘ oder ‚Naturschutz‘ heißen einige Bilder, die das Thema der Naturzerstörung thematisieren. Grüger besaß eine ausgeprägte Fähigkeit des räumlichen Sehens; ihr Interesse an Architektur ließ sie kunstvoll in ihre Kompositionen einfließen. Diese Fähigkeiten ließen sowohl gegenständliche als auch „abstrahierte, aber nicht abstrakte“ Kompositionen von hoher Qualität entstehen.
Grüger arbeitete mit verschiedenen Techniken: Sie beherrschte die Bleistift-, Farbstift-, Kohle-, Tusche- und Graphitzeichnung, arbeitete in Aquarell und Öl und nutzte die Holzschnittkunst, den Siebdruck und die Offsetlithographie. Es sind auch Textilarbeiten und Collagen von ihr erhalten, im Alter wendete sich Grüger auch der Karikatur zu.